Passo del Mortirolo





















leiden am passo del Mortirolo
19.-21. September 2008


Endlich sagte die Wetterprognose ein sonniges Wochenende voraus. Ich plante voller Begeisterung eine Pässetour über den Mortirolo - und Morti stimmte sofort zu. Quick Nic mussten wir ein bisschen härter bearbeiten aber unser Ziel haben wir erreicht, auch er sagte zu.
Wir fuhren zu dritt am Freitagabend den 19. September nach erledigter Arbeit mit dem PW nach Pontresina und kamen noch vor dem Einchecken in Genuss von Spaghetti-Bolo. Die Zimmer und das Essen in der Jugendherberge ist für den bezahlten Preis i.O., mehr wollten wir uns nicht leisten.
Nach dem Nachtessen und dem Zimmerbezug zogen wir uns warm an und begaben uns ins Dorfzentrum. Dort fand das Short Race der Frischi Bike Challenge statt. War toll bei dieser Kälte die Elitefahrer auf einem kurzen Parcour mit kurzen Hosen jeweils zu zweit um die Wette fahren zu sehen! Wir schlossen uns der Fanwelle an, schreiten die Fahrer zum Sieg und johlten mit den anderen Zuschauern an der Strecke dass einem die Ohren schmerzten. So wurde uns wenigstens warm.
Auf dem Weg zurück zur Jugi blieben wir noch in einem Zelt hängen, dass sich da so im Dorf an ein Hotel gelehnt hatte - Oktoberfest in Pontresina. Das kam uns gerade recht. Für ein Bier war es noch nicht zu spät und die Stimmung war schon sehr ausgelassen. Also noch ein Bier, ein Kaiserschmarren und den mehrheitlich deutschen Gästen die Alpenrose vorsingen... Dafür hatten wir beim Cowboy und Indianer ein wenig das Nachsehen. Noch ein Bier und dann aber wirklich zurück ins Zimmer, morgen stehen viele Pässe an!
Am Samstag um 08:00 Uhr weckten uns 3 Handys auf einen Schlag. Schädelbrummen, ausgetrocknete Münder, die Träume noch halb im Kopf - es ist Zeit für eine Dusche. Frisch frisiert sitzen wir also am Frühstückstisch und futtern was das Buffet hergibt. Draussen scheint die Sonne und der Himmel zeichnet sich im schönsten Blau. Was für Aussichten!
Punkt 10:00 Uhr fahren wir mit unseren Rennrädern in Richtung Bernina los. Morti und Nici bestaunen den immer kleiner werdenden Morteratsch-Gletscher und die umliegenden Berge während ich im Windschatten Kräfte für den Tag spare. Nach dem wir uns auf der Passhöhe für die Abfahrt warm angezogen hatten, flogen wir in Windeseile Tirano entgegen. Kurz nach dem Zoll erscheint auf einer Anzeige das lang Ersehnte: 20°... Wir entschliessen uns nicht zu stoppen und erst in Mazzo anzuhalten.
Mazzo, immer noch 20°. Ich warne Morti und Nici vor der kleinen, warmen und steilen Strasse die nach oben zeigt. Also zogen wir die warmen Sachen aus und versuchten diese so gut wie möglich zu verstauen.
Der Aufstieg beginnt. Nici spielt wieder mit dem Tempo und versucht den Fahrstil von Marco Pantani zu übernehmen - geht nicht, er ist viel zu gross. Wir fahren bedächtig in den Pass, im Vorfeld habe ich schon viel Schlimmes über den Anstieg erzählt. Meter für Meter und Kurve für Kurve winden wir uns immer weiter hinauf und können das Valtellina schon unter uns sehen. Nici fährt weiter vorne während ich mich auf Mortis Höhe bewege. Er stampft in die Pedalen und als sich vor uns der Wald ein wenig lichtet und die Strasse plötzlich noch steiler wird - "dä Sauhund...". Ich schnappe mir die Kamera und versuche die schönen Momente einzufangen. Nicht nur hinten, auch Vorne. Also muss ich zu Nici vorfahren, und das in einem Pass. Auch an der Spitze bin ich Moto 1 und fahre einhändig um möglichst die Kamera ruhig zu halten. Beim Pantani-Denkmal schiesse ich noch Erinnerungsfotos von den zwei Helden der Berge, dann geht es weiter in Richtung Passhöhe.
Der Wald lichtet sich, links grillieren Italiener ihre Wurst, die Strasse ist stark bemalt. Am Giro standen sich an dieser Stelle die Fans auf den Füssen rum. Wir hören sie noch rufen, sehen unsere Namen auf der Strasse, legen uns in die letzten Kurven, das Schild auf der Höhe können wir riechen - wir sind oben! Für Morti geht ein Traum in Erfüllung, die URL mortirolo.ch hat er ja schon seit dem Ableben von Marco.
Auf der Passhöhe trafen wir einen Spanier der mit einem Mountainbike den Pass bezwungen hatte und erfüllten uns gegenseitig die Fotowünsche für die Erinnerungen. Kaum angezogen fuhren wir auf der Südseite hinunter und bogen nach 300 Meter scharf rechts ab und bewegten uns auf einer wunderschönen, geschwungenen Strasse durch Lärchenwälder bis zum Passo di Guseppa hoch. Einige hatten leere Beine - waren hohl - und freuten sich auf die sehr lange Abfahrt zurück nach Tirano.
Bei schönstem Wetter entschieden wir uns auf dem Bahnhofplatz für den Bahnverlad auf die kleine Rote und die vor kurzem von der Unesco zum Weltkulturerbe erkorene Berninastrecke mit der RHB zurückzulegen. Die Zugfahrt bis zur Passhöhe dauerte eine Ewigkeit - Nici machte noch einen Powernap - die Abfahrt auf dem Rennrad zurück nach Pontresina trotz heftigem Gegenwind bloss Minuten.
Den fantastischen Tag schlossen wir in Davos bei einem fantastischem Stück Fleisch, Buffalo sei dank, und herrlicher, kalter Bergluft ab.

Am Sonntagmorgen klingelt der Wecker pflichtbewusst um 08.00 Uhr. Wir haben alle gut geschlafen und geträumt, trotzdem jammert Nici über seine angeblichen Bauchschmerzen. Meine Meinung, dass er sich gestern total überfordert habe, teilt er nicht. Wir shoppen unser Frühstück im Charly, bewegen unsere Knochen auf dem Weg zurück in die Wohnung und schlagen uns die Bäuche schon wieder voll.
Morti und ich konnten Nici überzeugen, auch noch schnell den Flüela zu bezwingen. Einmal überzeugt stand dieser blitzartig in den Velokleidern vor uns und konnte es kaum erwarten. Um uns ein bisschen einzufahren drehten wir meine obligate Runde durch Davos - Promenade-Talstrasse - und nahmen den Aufstieg unter die Räder. Und wieder einmal Sonnenschein und blauer Himmel. Während Nici den Wind bricht, halte ich mich gekonnt zu hinters auf und kann mit Morti über die Fliegen lachen, welche sich gemütlich auf Nicis Trikot niederlassen - er hat wohl nicht geduscht heute Morgen!
Der erste Teil lief wie geschmiert, wir fühlten uns immer besser. Nach den Serpentinen brach das Tempo kurz zusammen und ich scherte links aus und fuhr an den beiden vorbei. Und wie ich das sonst auch handhabe trete ich unbeirrt weiter und schaue nicht zurück. Nach einer intensiven Strecke schoss plötzlich Morti an mir vorbei und ich dachte nur wo er diese Reserve gefunden hat. Das kann es ja wohl nicht sein. Der Flüela ist schliesslich "mein Hausberg". Also fahre ich sofort zu ihm hin und folge im knapp am Hinterrad. Es folgt eine Rechtskurve die er im Wiegetritt erklimmt - wohl doch etwas zu schnell. Er bricht kurz ein und verliert an Souplesse.
Die restliche Strecke spielen wir noch miteinander und ich führe ihn mit hohem Tempo auf die Passhöhe. Oben angekommen meinte er nur, er hätte sich wieder einmal durchblasen müssen. Recht hat er! Im richtigen Moment auf das Gaspedal drücken macht Spass und fordert ungemein. Und hier kommt auch schon Nici.
Wir lassen uns noch fotografieren und schiessen selbst auch noch ein paar Erinnerungsfotos - es gab bis vor einem Augenblick noch ein Muscheltaucher, der den Flüelapass noch nie von Davos aus gefahren ist. Für mich unverständlich... Auf der Abfahrt mit mächtig Gegenwind stellen wir keinen neuen Geschwindigkeitsrekord auf aber rauschen tut's trotzdem.

Wir hatten ein fantastisches Wochenende bei dem das Wetter perfekt passte. Wir haben noch viele Ziele und viele Pässe die wir noch fahren möchten. Welches wird der nächste sein?
mg